Niki Vogt auf Telegram folgen
von Niki Vogt
Anscheinend wird man in Berlin nervös. Und zwar ziemlich. Ansonsten ist es schwer zu erklären, warum etwas so Weitreichendes und die Grundrechte noch weiter Einschränkendes so heimlich und geräuschlos über die Bühne gezogen werden musste: Es wurde wieder am Paragraph 130 StGB, dem „Volksverhetzungsparagraphen“ herumgeschnitzt. Ursprünglich sollte der eigentlich die sogenannten Holocaustleugnern und Naziverherrlichern in die Schranken weisen. Aber mit der Zeit wurde er Stückchen für Stückchen ausgeweitet, um schärfere Stellungnahmen in Bezug auf irgendwelche „vulnerablen“ Gruppen unter Strafe zu stellen. So mutierte dieser Paragraph von seiner ursprünglichen Bestimmung, die Waffe der Bürger gegen verbissene Ideologen – speziell gewaltbereite Anhänger des Nationalsozialismus – zu seinem Gegenteil: die Waffe verbissener Ideologen gegen den Bürger.
Kritiker der Auswirkungen ungeregelter Migration bekamen die Peitsche als Erste zu spüren. Der Protest gegen Gewalttaten Zugewanderter an deutschen Bürgern fiel plötzlich unter Paragraph 130 StGB „Volksverhetzung“. Dann weitete man die Anwendung dieses Gesetzes plötzlich sogar auf Kritik am Staat wegen dessen allzu diktatorischen Vorschriften und empfindlichen Strafen bei Nichtbefolgung in der Corona-Pandemie aus: Wer einen Vergleich mit den Zwangsmaßnahmen der Nationalsozialisten anstellte, war schwuppdiwupp ein Volksverhetzer und bekam die 130er-Keule zu spüren. Der Protest gegen diktatorische Nazimethoden wurde plötzlich aber den Kritikern ebendieser Nazimethoden als „Relativierung des Nationalsozialismus“ um die Ohren gehauen. Bisher war in der Bundesrepublik nur die Billigung von Straftaten aller Art (§ 140 StGB) sowie die Leugnung und Verharmlosung des Holocausts (§130 Absatz 3) strafbar.
Jetzt ist der 130 StGB nochmal weiter gefasst worden und entwickelt sich endgültig zum Knüppel gegen missliebige „falsche Meinungen“. Jetzt ist schon die öffentliche Leugnung und „gröbliche“ Verharmlosung von anderen Völkermorden sowie von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen strafbar.
Und ab wann ist eine Äußerung „geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören“? Das liegt natürlich an der allgemeinen Stimmung der Öffentlichkeit. Wenn die Leute in der Masse schon zornig, frustriert und voller Angst sind, reicht schon eine Äußerung, die unter anderen Umständen niemanden interessiert hätte. Und – das ist der springende Punkt: Viele sind schon durch die Geschehnisse auf dem Level angekommen, an dem ein Funke das Pulverfass zum Explodieren kann. Darum glauben sie da in Berlin, müsse man „das Volk, den großen Lümmel“ (Heinrich Heine) mit harter Hand disziplinieren.
Dazu wurde der Text auch so schwammig gewählt, dass er unglaublich weit ausgelegt werden kann. Das „Achte Gesetz zur Änderung des Bundeszentralregistergesetzes“ (Drucksachen 20/3708 und 20/4085) ist der Titel dieser Änderung. Das überliest man leicht. Ebenso den neuen Absatz 5 in diesem Gesetz, der da lautet:
„(5) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer eine Handlung der in den §§ 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches bezeichneten Art gegen eine der in Absatz 1 Nummer 1 bezeichneten Personenmehrheiten oder gegen einen Einzelnen wegen dessen Zugehörigkeit zu einer dieser Personenmehrheiten öffentlich oder in einer Versammlung in einer Weise billigt, leugnet oder gröblich verharmlost, die geeignet ist, zu Hass oder Gewalt gegen eine solche Person oder Personenmehrheit aufzustacheln und den öffentlichen Frieden zu stören.“
Was steht in den Paragraphen 6 bis 12 des Völkerstrafgesetzbuches? Das kann man hier genau nachlesen.
Hier die Titel der Paragraphen, jeweils zu den Gesetzestexten verlinkt:
Interessanterweise würden die ständigen Angriffe der ukrainischen Truppen seit dem Euromaidan 2014 auf die Dörfer und Städte im Donbass – und damit auch die Zivilisten, die darin wohnen, unter den Paragraphen 11 fallen. Und auch der kürzliche Überfall türkischer Truppen in Nordsyrien, die Aleviten und Kurden aus ihren Häusern vertrieben und die Männer teilweise verschleppten. Der Deutschlandfunk berichtete ausführlich hierzu, ebenso die Frankfurter Rundschau: „Türkei begeht Völkerrechtsbruch“: Westen schweigt zu Menschenrechtsverletzungen in Afrin. Hier steht zu lesen:
Nach der Besatzung von Afrin wurden viele Kurden aus der Stadt vertrieben. Experten sprechen von „ethnischen Säuberungen“ und der Westen schweigt. (…) „Heute leben in Afrin nur noch 20 bis 30 Prozent Kurden“, so Sido, dessen Familie selbst aus der Stadt kommt. Heute würden dort durch die Besatzer arabische Familien angesiedelt werden. Viele vertriebene Kurden leben heute in der von den den Demokratischen Kräften Syriens kontrollierten Gebieten im Norden des Landes. „Das, was dort das türkische Militär und die mit ihn verbündeten dschihadistischen Milizen machen, ist eine ethnische Säuberung“, so Sido im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau.
In den letzten Tagen wurde auch ein UN-Bericht veröffentlicht, der die Kriegsverbrechen der ukrainischen Armee thematisiert. Davon lesen wir aber kaum etwas in den Medien. Das wird unter den Teppich gekehrt. Ist öffentliches Verschweigen von Folter und Mord keine Verharmlosung?
Der UNO-Bericht erkennt zwar ukrainische Verstöße gegen das Kriegsrecht an, gleichzeitig heißt es darin aber auch: Dass „die russischen Streitkräfte für die überwiegende Mehrheit der festgestellten Verstöße verantwortlich sind“. Allerdings wurde hinzugefügt: Dass, während von Ukrainern begangene Verbrechen „durch echte Beweise wie Videos gestützt werden“, angebliche Verstöße durch russische Streitkräfte meist auf Augenzeugenberichten beruhen. Die New York Times berichtete bereits im April über derartige Verbrechen. Siehe unseren Artikel „Ukrainische Kriegsverbrechen an russischen Soldaten veröffentlicht (New York Times) VIDEO“ dazu.
Es fällt immer mehr Leuten auf, dass über „die Russen“ immer in einer sehr negativen Weise berichtet wird, dass von vorneherein „den Russen“ alles, was an Übel passiert, gleich in die Schuhe geschoben wird. Man hat ja sogar versucht, die Sprengung der Krim-Brücke den Russen anzulasten – und als sich dann der ukrainische Außenminister mit der Tat brüstete, wurde das im Westen dezent unter den Tisch fallen gelassen. Dasselbe mit der Sprengung der Nordstream-Piplines, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Anschlag der USA waren, um die verhasste Gasleitung endgültig zu vernichten.
Was wird also in Zukunft passieren, wenn von (russischen) Massakern berichtet wird, es aber stichhaltige Punkte gibt, die dagegen sprechen? Was geschieht mit denen, die das aufarbeiten und die Wahrheit herausfinden wollen? Fällt das schon unter Verharmlosung? Und was heißt öffentlich? Ab wann ist es „öffentlich“? Wenn zwei im Café sitzen und darüber sprechen- und es möglich ist, dass andere mithören? Bei einer Geburtstagsfeier mit Freunden? Auf einem Plakat, dass jemand mit sich führt?
David Berger hat sich dazu auf seinem Blog „Philosophia Perennis“ (die ewig geltende Philosophie):
Öffentliche Verharmlosung von Kriegsverbrechen (der Russen) künftig strafbar
Das alte Sprichwort, „das erste Opfer des Krieges ist immer die Wahrheit“, hat ganz offensichtlich auch heute noch volle Geltung. Jeder, wirklich jeder, der darin irgendwie verwickelt ist, betreibt Propaganda. Man stellt den Gegner als schlecht und das absolute Böse hin, verkündet ständig dessen baldigen Untergang und stilisiert seine eigenen Taten als Heldentaten hoch und behauptet, der Sieg ist nur eine Handbreit entfernt.
Und natürlich bekämpft man bis auf’s Messer diejenigen, die einen der Übertreibung und Lüge überführen. Kritik und Demaskierung in den eigenen Gebieten will dann niemand. Das war schon immer so.
Auch die Methode, mit der das neue Gesetz Eingang ins Strafgesetzbuch findet, sorgt für Empörung und Zorn:
„Die Verschärfung des Strafrechts beruhte auf einer zunächst nicht öffentlichen „Formulierungshilfe“ des Justizministeriums von Marco Buschmann (FDP). Völlig unbemerkt von der Öffentlichkeit beschloss der Rechtsausschuss am Mittwoch, den Vorschlag in einem harmlosen Gesetz zum Bundeszentralregister unterzubringen.
So konnte auf eine erste Lesung verzichtet werden. Und schon einen Tag später hat der Bundestag die Änderung abschließend beschlossen – als letzten Tagesordnungspunkt kurz vor 23 Uhr. Dafür stimmten die Ampelfraktionen und die Union, dagegen AfD und Linke.“
Man muss also nicht lange nachdenken, warum man diese Gesetzesänderung braucht: Um Widerstand und Kritik zu verhindern und diejenigen einzuschüchtern, die eine andere Beurteilung und widersprechende Fakten bekannt machen wollen. Nicht aus Streitlust, im Gegenteil. Nur, wenn man die Sicht und Fakten der Gegenseite auch kennt, kann man zu einer friedlichen Lösung kommen. Friedensschlüsse und Einigungen gibt es nur, wenn man entweder völlig geschlagen ist und alles hinnehmen muss, mangels Alternativen (was dann später meistens wieder aufflammt wegen schreiender Ungerechtigkeiten der Sieger) – oder indem man den Gegner nicht mehr dämonisiert, sondern jeder die berechtigten Interessen des jeweils anderen akzeptiert.
Davon sind wir leider weit entfernt. Die Berliner Politiker machen das, was seit Menschheitsgedenken die regierende Oberschicht tut: Macht anhäufen, Geld und Gut anhäufen, die Position verteidigen und im Ernstfall lügen, lügen, lügen. Und auch noch zu glauben, die Bevölkerungen glauben es bis zum Sankt Nimmerleinstag.
Natürlich, wie schon immer, bemerkt das „tumbe Volk“ die Lügen, die Doppelmoral, die Gier, die angebliche Vergesslichkeit, was die eigenen Verfehlungen betrifft. Wenn die „Mächtigen“ anfangen, sich zu verschanzen und diktatorische Regeln aufzustellen, dann wissen sie, dass es langsam eng für sie wird. Die Zäune und Gräben um den Reichstag künden davon und diese heimlich ausgehandelte, weit auslegbare Verschärfung des einst sinnvollen Gesetzes zum Maulkorb-Erlass und zur Einkerkerung von Kritikern zeigen, dass sie wissen, was sie tun. Es ist nicht das, was einer Demokratie würdig ist.
__________________________________________________________________________
Bitte auf den Banner oben klicken
___________________________________________________________________________